25 000-mal "Nein!" zu Gewalt an Frauen

"Warum ich meine Frau schlage? Mein Vater hat meine Mutter doch auch geschlagen." Es seien Sätze wie diese, die ihr immer noch den Atem raubten, sagt die Hildesheimer Integrationslotsin Dilek Boyu. Und es sind Sätze wie diese, die das Hildesheimer Aktionsbündnis "Gewalt gegen Frauen kommt nicht in die Tüte!" Jahr für Jahr aktiv werden lassen.

Aktionsbündnis verteilt Brötchentüten / 730 Fälle von häuslicher Gewalt in Stadt und Landkreis im Jahr 2009

(Hildesheimer Allg. Zeitung, 26.11.10) Hildesheim. "Warum ich meine Frau schlage? Mein Vater hat meine Mutter doch auch geschlagen." Es seien Sätze wie diese, die ihr immer noch den Atem raubten, sagt die Hildesheimer Integrationslotsin Dilek Boyu. Und es sind Sätze wie diese, die das Hildesheimer Aktionsbündnis "Gewalt gegen Frauen kommt nicht in die Tüte!" Jahr für Jahr aktiv werden lassen. 2007 beteiligten sich Hildesheimer Einrichtungen zum ersten Mal an dem bundesweiten Aktionstag, den es seit 2001 gibt. 3000 Brötchentüten mit den Kontaktdaten der hiesigen Beratungsstellen wurden damals verteilt.

Gestern brachte das Aktionsbündnis sage und schreibe 25 000 Tüten unter die Leute. "Grandios!", meint Heidi Linder, die an diesem Tag ihre Chefin und die Schirmherrin, die Grünen-Bundestagsabgeordnete Brigitte Pothmer, vertritt.

Rund 40 verschiedene Bäckerfilialen, Kioske und Lebensmittelgeschäfte in der Stadt verkauften ihre Brötchen in den mit dem Motto der Aktion bedruckten Tüten, hinzu kamen weitere Läden aus dem Landkreis. Zusätzlich verteilten die Mitglieder des Aktionsbündnisses 500 Brötchen und zusätzliches Informationsmaterial in der Fußgängerzone.

"Mit der Aktion wollen wir aufrütteln und die Betroffenen wissen lassen: In Hildesheim gibt es Einrichtungen, die weiterhelfen", erklärt Renate Timm-Behme von "Wildrose". Zudem profitierten auch die Beratungsstellen selbst: "Das Bündnis stärkt die Vernetzung untereinander", betont Timm-Behme.

In einem sind sich die Hildesheimer Beratungsstellen für Frauen in Not einig: Prävention und Aufklärung sind der Schlüssel zu einer gewaltfreieren Gesellschaft. Kinder müssten frühzeitig lernen, "nein" zu sagen, und Frauen müssten lernen, ihre Scham zu überwinden und Hilfe aufzusuchen. Hinzu komme, dass viele Frauen – häufig aus Migrantenfamilien – häusliche Gewalt als "normal" empfänden, sagt Boyu. Umso mehr freut sie sich, dass besonders viele Bäckereien und Geschäfte aus der Nordstadt sich an der Aktion beteiligen. Laut Timm-Behme spielen sich noch immer 90 Prozent der Gewalttaten im häuslichen oder engeren sozialen Umfeld ab. Im Jahr 2009 führten die Mitarbeiterinnen der "Wildrose" 802 Beratungsgespräche, 572 davon mit direkt von sexueller Gewalt Betroffenen.

Bei der Beratungs- und Interventionsstelle bei häuslicher Gewalt (BISS) hat die Polizei im Jahr 2009 insgesamt 730 Einsätze für Stadt und Landkreis gemeldet. "Die Dunkelziffer dürfte aber deutlich höher liegen", sagt Selma Fuchs vom Hildesheimer Frauenhaus. Laut einer Studie des Bundesfamilienministeriums aus dem Jahr 2004 wird jede vierte erwachsene Frau mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von Gewalt.

Grund genug für immer mehr Einrichtungen, das Hildesheimer Aktionsbündnis zu unterstützen. "In diesem Jahr sind viele neue hinzugekommen", freut sich Marion Gottschlich vom Opferhilfebüro. Neben "Wildrose" gehören das Frauenhaus, BISS, die bischöfliche Stiftung "Gemeinsam für das Leben", der Sozialdienst katholischer Frauen, der Internationale Frauentreff im Asyl-Verein, das Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen, der Arbeitskreis Grüne Frauenpolitik, die Gleichstellungsbeauftragten von Stadt und Landkreis, der Präventionsrat sowie die AG Opferschutz, das Opferhilfebüro, die HAWK und die Polizei zum Aktionsbündnis.

Kategorie

Frauenpolitik

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