Buddeln für den Sonnenstrom

Die Stromnetz- Betreiber stehen in den nächsten Jahren vor massiven Investitionen ins Netz – und dabei geht es keineswegs nur um Höchstspannungs- Trassen. Auch viele "kleine" Leitungen unter den Straßen der Städte und Dörfer in der Region dürften in den kommenden Jahren ein Fall für Monteure und Bauarbeiter werden.

Photovoltaik-Boom zwingt Energieversorger zum Handeln / Enorme Zuwächse in der Region

(Hildesheimer Allg. Zeitung, 25.03.11) Kreis Hildesheim. Die Stromnetz-Betreiber stehen in den nächsten Jahren vor massiven Investitionen ins Netz – und dabei geht es keineswegs nur um Höchstspannungs- Trassen. Auch viele "kleine" Leitungen unter den Straßen der Städte und Dörfer in der Region dürften in den kommenden Jahren ein Fall für Monteure und Bauarbeiter werden. Der Grund: der Photovoltaik-Boom, der auch Hildesheim und Umgebung erfasst hat.

Erstmals gibt es regional heruntergebrochene Zahlen zur Photovoltaik. Die hat der Energieversorger e.on Avacon ausgewertet –und zwar jenen Bereich des Stromnetzes, den das Unternehmen vom Standort Sarstedt aus betreut. Dazu gehören rund zwei Drittel des Landkreises sowie die Stadt Pattensen und die Gemeinden Hohenhameln und Delligsen.

In diesem Gebiet hatten bis Ende 2009 insgesamt 772 Bürger, Unternehmen und Genossenschaften Photovoltaik-Anlagen auf Dächern installiert, die rund 8,1 Millionen Kilowattstunden Strom ins Netz einspeisten. Allein im Lauf des Jahres 2010 kamen noch einmal 453 Anlagen mit etwa 7 Millionen Kilowattstunden hinzu, mehr als eine pro Tag. Motor dieser Entwicklung: Landwirte mit großen Scheunendächern und ganz normale Einfamilienhaus- Besitzer. Und: In ihren Berechnungen erwarten die Experten bei e.on Avacon, dass sich diese Zahlen in den nächsten zehn Jahren verachtfachen.

Als Folge könnte sich im Kleinen das wiederholen, was im Großen bereits für Aufregung sorgt. So wie die Stromkonzerne umstrittene Höchstspannungsleitungen planen,umWindstromvonNord- nach Süddeutschland zu transportieren, verändert sich auch die Belastung für die Stromleitungen vor derHaustür."Wirmüssen die örtlichen Netze fit machen", sagt Regionalleiter Markus Apking. Denn immer mehr Menschen wollen nicht nur Strom abziehen, sondern auch welchen einspeisen – das allerdings ehr unregelmäßig, je nach Tageszeit und Wetter. "Wir müssen viele Leitungen in den nächsten Jahren umrüsten", sagt Apking. Wenn nicht, droht zeitweise Überlastung – dann flackert beim Nachbarn plötzlich die Wohnzimmerlampe.

EinThema, das große wie kleine Netzbetreiber trifft. Auch Heiko Räther, Geschäftsführer der Stadtwerke Bad Salzdetfurth, sagt: "Das wird bei uns ein großes Thema der nächsten Jahre."

Bei e.on Avacon fühlen sie sich aufgrund der schieren Größe des Unternehmens (2000 Mitarbeiter, rund 3,5 Milliarden Euro Jahresumsatz) gut gerüstet. Als "einmalig in Deutschland" bezeichnet Pressesprecher Ralph Montag einen Feldversuch, den das Unternehmen zusammen mit Wissenschaftlern in Weyhe bei Bremen gestartet hat. In einem Wohngebiet simuliert der Energieversorger derzeit, wie das Stromnetz in zehn Jahren aussehen könnte. "EJ Home" nennt sich das Projekt. Die Teilnehmer haben Elektroautos, die sie nachts aufladen, und "intelligente" Haushaltsgeräte (nachts schaltet sich beispielsweise die Waschmaschine ein) – und das Dorf hat einen verbesserten "Ortsnetz-Trafo", der überschüssigen Strom besser absorbiert. "Wir wollen vorbereitet sein, das Netz verändert sich einfach vollständig", sagt Kommunalreferent Harald Schliestedt. "Und all das angesichts der neuen Debatte über den Atomausstieg wohl schneller als erwartet", merkt Ralph Montag an.

Viel Arbeit also in den Netzen. Verzichten will der Energieversorger dennoch auf möglichst wenig Leitungen. Dass mehrere Gemeinden im kommenden Jahr, wenn alte Konzessionsverträge auslaufen, die Netze selbst betreiben wollen, verfolgt e.on Avacon "sehr aufmerksam". Ebenso aufmerksam hat man in Helmstedt registriert, dass fünf Landkreis-Gemeinden für ihre neue Netzgesellschaft einen Energieversorger als 49-Prozent-Teilhaber suchen. "Da spricht alles für uns", gibt Montag verbal eine Bewerbung ab. "Wir kennen die Netze, wir haben die Erfahrung und die Fachleute und haben einen guten Job gemacht – wir wären der natürliche Partner."

Ob die Hildesheimer Kommunen das genauso sehen, dürfte sich in den nächsten Monaten zeigen.

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