"Für die Photovoltaik sehe ich schwarz"

Stiebel Eltron-Chef Dr. Ulrich Stiebel kritisiert längere Laufzeiten der AtomkraftwerkeNach dem IHK-Jahresempfang, auf dem Dr. Ulrich Stiebel die Neujahrsrede 2011 gehalten hatte, sprach die Hildesheimer All. Zeitung mit dem Mitinhaber der Stiebel Eltron Werke OHG, Holzminden.

Interview: Hartmut Reichardt

(Hildesheimer Allg. Zeitung, 13.01.11) Hildesheim. Nach dem IHK-Jahresempfang, auf dem Dr. Ulrich Stiebel die Neujahrsrede 2011 gehalten hatte, sprach diese Zeitung mit dem Mitinhaber der Stiebel Eltron Werke OHG, Holzminden.

HAZ: Herr Stiebel, Sie haben die Laufzeit- Verlängerung der Atomkraftwerke in Frage gestellt. Warum?


Dr. Ulrich Stiebel:
Viele Stadtwerke in Deutschland, etwa München, wollten in rund zehn Jahren völlig regenerativ sein, ein sehr ambitioniertes Ziel. Damit aber geraten sie jetzt finanziell unter Druck.

Sie sagen sogar, das große Ziel, Deutschlands Energieversorgung bis 2050 ganz auf erneuerbare Energien umgestellt zu haben, werde gefährdet. Warum?


Weil das große Ziel technisch erreichbar ist, aber jetzt die Anreize fehlen. Auf dem Haus meiner Eltern und unserem habe ich Photovoltaik-Anlagen. Nun wird aber die Einspeisevergütung so stark reduziert, dass andere Hausbesitzer das Interesse verlieren. Wenn ich mir vorstelle, die Regierung kappt diese Vergütung auch noch unterjährig, verunsichert das sehr. Man investiert nur unter stabilen Bedingungen, doch diese ändern sich im Moment schnell. Das wird zu einem Rückgang der Investitionen führen.

Was bedeutet das für die Photovoltaik?


Da sehe ich schwarz. Auch Wärmepumpen sind rückläufig. Vergangenes Jahr wurden in Deutschland 60 000 Wärmepumpen verkauft, etwa in der Hälfte aller 1- und 2-Familienhaus-Neubauten. Gab es im deutschen Wohnungsbau 1995 noch knapp 600 000 Neubau-Einheiten, werden es 2011 nur noch 150 000 sein.

Und im Wohnungs-Bestand?


Zumeist wird in bestehendem Wohnraum mit Gas geheizt. Bei Renovierungen kommt meistens wieder Gas hinein, besonders deswegen, weil in den kommenden Jahren Strom teurer als Gas werden wird. Da gibt es kaum Chancen für den Einbau regenerativer Systeme. Außerdem fehlen Anreize für Verbraucher.

Solche Anreize kritisieren Sie doch als marktfremd?


Schon, aber die Leute sind daran gewöhnt. Wenn es keine gibt, warten die Leute lieber ein paar Jahre mit solchen Investitionen, vielleicht ändert eine andere Regierung diesen Kurs.

Ist es aber nicht so, dass neue Energie-Lösungen in Wohneinheiten für viele Installateure böhmische Dörfer sind?


Ja, das stimmt zum Teil, es ist oft zu kompliziert für die Azubis, eine Wärmepumpe zu installieren. Der Meister müsste es dann selber machen, sonst gibt es Reklamationen, da unterbleibt es ganz.

Das klingt, als müsste sich Ihre Firma stärker ins Ausland verlagern?


Ja, großes Potential sehe ich in Amerika. Dort ein Solardorf als Projekt zu errichten, so wie wir es schon in Holzminden zur Expo2000 gemacht haben, das wäre für die USA der Hammer! Wir fertigen rund 90 Prozent unserer Produkte in Deutschland, haben aber Fertigungsstätten in Thailand, China und der Slowakei. Zwar kämpfen wir im Ausland gegen die weltweite Konkurrenz, weil man dort unsere Marke nicht kennt. Aber trotzdem ist es oft möglich und sogar verblüffend, welchen Erfolg wir mit unseren Produkten im Ausland haben können.

Bitte um die Kerndaten Ihrer Firma?


Wir hatten im vergangenen Jahr einen Umsatz von 440 Millionen Euro nach 450 Millionen Euro 2009 und machen damit rund 2,5 Prozent Gewinn. Wir beschäftigen knapp 3000 Mitarbeiter, davon zurzeit etwa 200 Leiharbeiter.

Verstößt das nicht gegen Ihren Kodex?


Nein, für die Stammbelegschaft an den deutschen Standorten gibt es ja Vereinbarungen zur Beschäftigungssicherung. Viele Leiharbeiter wurden auch in der Zwischenzeit übernommen. Die großen Schwankungen am Markt können wir atmend nur mit Leiharbeitern bewältigen.

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