Das Kreuz mit dem Kanalausbau

Gelbe Kreuze säumen das Ufer. Sie sollen im wahrsten Sinne ein wenig Untergangsstimmung verbreiten. Denn die Kreuze sowie Absperrbänder markieren entlang des Kanals, wie viel Wald- und Ackerflächen für den geplanten Ausbau geopfert werden müssten.

09.12.11 –

Aktion an der Brücke: Sind 20 Meter Kahlschlag für zweiten Betriebsweg gerechtfertigt?

(Hildesheimer Allg. Zeitung, 09.12.11) Harsum. Gelbe Kreuze säumen das Ufer. Sie sollen im wahrsten Sinne ein wenig Untergangsstimmung verbreiten. Denn die Kreuze sowie Absperrbänder markieren entlang des Kanals, wie viel Wald- und Ackerflächen für den geplanten Ausbau geopfert werden müssten. Eine gemeinschaftliche Aktion der Harsumer Lenkungsgruppe mit Umweltschützern, Politikern, Landwirten und Heimatpflegern, um das Ausmaß des geplanten Stichkanals-Ausbau zu verdeutlichen. "Ein Kahlschlag auf voller Länge", verdeutlicht Jürgen Tafel von der Lenkungsgruppe.

Diese Harsumer Bürgerinitiative spricht sich nicht völlig gegen die Verbreiterung aus, setzt sich aber seit zwei Jahren für einen ökologisch sinnvollen Ausbau der Wasserstraße ein. Das gut 110 Millionen Euro teure Projekt soll auf knapp 15 Kilometer Länge die Fahrrinne verbreitern, damit in Zukunft Binnentransportschiffe mit einer Ladung von bis zu 1500 Tonnen passieren können. Wichtig ist den Aktiven, dass nicht nur wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen, sondern auch alle Spielräume ausgelotet werden, die Lebenswelt und Landschaftsbild ebenso mitberücksichtigen.

Dazu gehört, dass nach wie vor zwei zentrale Fragen im Raum stehen: Warum will das für die Planung zuständige Neubauamt in Hannover unbedingt zwei Betriebswege am Kanalufer bauen? Und warum soll die Brücke zwischen Harsum und Klein Förste nach Süden verlagert werden? Der Tag, an dem konkretere Antworten gegeben werden sollen, rückt näher. Am kommende Montag ist der Planfeststellungs-Eröterungstermin zur Planfeststellung.

Was die aktiven Bürger, die sich gestern Vormittag bei Wind und beißender Kälte getroffen haben, besonders ärgert, dass in dem Brückenplan bereits von zwei Zufahrtswegen ausgegangen wird. "Hier werden durch die Hintertür Fakten geschaffen, über die noch gar nicht entschieden worden ist", ärgert sich Heinrich Feise, Heimatpfleger von Klein Förste. In der Tat sehen die Entwürfe schon jetzt zwei Zufahrten zu den Uferwegen vor. Das bedeutet, dass mit der Planfeststellung Baurechte und Natureingriffsrechte erworben werden sollen.

"Der Kanalausbau ist hier aber bisher nicht Gegenstand der Planfeststellung, sondern die Brücke und ihre Umgebung", verdeutlicht Volker Koch, Umweltbeauftragter der Gemeinde Harsum. Er verdeutlicht, dass der historisch alte Eichen und Edellaubholzbestand für die geplanten Zufahrten großflächig abgeholzt werden müsste. Diese Bäume lassen sich nicht einfach wieder ruck, zuck ersetzen, ergänzt Jürgen Sander, Harsumer Fraktionssprecher der Grünen. "Hier bin ich einst mit meinem Opa spazieren gegangen", sinniert SPD-Chefin Birgit Beulen, der vorher die enormen Ausmaße des Landschaftseingriffes gar nicht so konkret bewusst waren. So geht es vielen an diesem Vormittag.

Landwirt Johannes Ludewig soll nach den Plänen 4500 Quadratmeter Ackerland abgeben und zusätzlich nochmal rund 3000 Quadratmeter als vorübergehende Abstellfläche für Bauarbeiten. "Das Land kann ich hinterher vergessen, so wird sich der Boden verdichtet haben", klagt der Mann. "Wir sind dabei nur die Leidtragenden", stimmt seine Frau Franziska Ludewig ihm bei.

Deutlich wird an diesem Aktionstag auch, wie wenig die Bürgern verstehen können, dass das Neubauamt die Brücke unbedingt in südlicher Richtung verschieben möchte. "Die Eingriffe in die Natur und die Belastung für Betroffenen wären weitaus geringer", sind sich alle einig. Sie erklären sich daher mit der bisherigen Fassung der Pläne überhaupt nicht einverstanden.

"Bislang hat das Neubauamt unsere vorgebrachten Bedenken immer wieder weggewischt", bedauert Nina Lipecki aus Borsum. Diesmal wollen sie überzeugende Argumente für die Süd-Variante der Trassenverschiebung hören. Sie bedeutet nämlich auch, dass Biotope zerstört, Nachtigallen, Fledermäuse und Wild vertrieben werden, erläutert Franz-Josef Quante von Naturschutzbund Borsum. Die Nord-Variante hingegen würde die Eingriffsintensität auf ein Minimum reduzieren, sind sich die Aktivisten einig. Ziel sei daher auch, endlich Einblick in eine aktualisierte Kosten-Nutzung-Rechnung für das Ausbauprojekt "Stichkanal" zu bekommen.

Kategorie

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