Behindertenbeirat will sich 2009 gründen

Eigentlich sollte es ein ganz entspannter Abend werden:Erst Kino, dann Restaurant. Doch Barrieren allerorten verdarb den beiden Frauen gründlich die Laune. Dafür verstärkte sich die Idee, endlich einen Behindertenbeirat in der Stadt ins Leben zu rufen. „Hildesheim ist in dieser Hinsicht noch ein weißer Fleck auf der Landkarte“, sagt Beate Zellner.

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(Quelle: Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 13.12.08)
Hildesheim. Eigentlich sollte es ein ganz entspannter Abend werden:Erst Kino, dann Restaurant. Doch Barrieren allerorten verdarb den beiden Frauen gründlich die Laune. Dafür verstärkte sich die Idee, endlich einen Behindertenbeirat in der Stadt ins Leben zu rufen.

„Hildesheim ist in dieser Hinsicht noch ein weißer Fleck auf der Landkarte“, sagt Beate Zellner. Die 40-Jährige muss es wissen. Sie ist Vorsitzende des Vereins „Stolperstein“ und sitzt selbst seit vielen Jahren im Rollstuhl. In der Stadt kennt sie alle Ecken und Strecken, die für Menschen mit Behinderungen eine zusätzliche Herausforderung sind.

Bestes Beispiel ist schon der Eingang ins Rathaus. „Die beidseitige Treppe am Marktplatz ist für Rollstuhlfahrer allein kaum zu bewältigen“, weiß Beate Zellner. Nun gut, dafür gibt es einen Hintereingang auf der Lilie. Diese Pforte sei viel zu schmal, auch fehle ein elektronischer Türöffner. Und zu Weihnachtsmarktzeiten ist der Eingang oft mit Tannenbäumen, Stehtischen oder sogar Müll versperrt. Unabsichtlich. „Wenn an darauf angewiesen ist, werden solche Unachtsamkeiten zum Ärgernis.“

Doch das ist verglichen mit dem, was Beate Zellner und Sabine Gräflich von der Skoliose-Gruppe an dem besagten Abend in Hildesheim erlebten, fast noch eine Lappalie. „Im Kino können wir nur die Filme sehen, die im Erdgeschoss laufen.“ Das kollidiert natürlich oft mit den eigenen Vorstellungen: Wer will, bloß weil ein Fahrstuhl fehlt, eine Liebeskomödie gegen einen Actionstreifen tauschen? Bei dem Restaurant am Berliner Kreisel war die Eingangsrampe so steil, dass die beiden Frauen ohne zusätzliche Hilfe auch dieses Vergnügen hätten streichen müssen.

Mit dem neuen Behindertenrat sollen solche Probleme zur Sprache gebracht und nach Möglichkeit behoben werden. Ziel ist, Menschen mit Behinderungen einen normalen Alltag zu ermöglichen. „Jedenfalls so, dass sie nicht noch mit zusätzlichen Handycaps zu kämpfen haben“, verdeutlicht Kathrin Diehe vom Fachbereich Soziales, die das neue Gremium schon vor der Gründung begleitet. Der geplante Beirat will als unabhängige Stimme besonders die Interessen von Betroffenen vertreten – auch gegenüber allen verantwortlichen Institutionen wie Verwaltung, Medien und Politik. Sozialdezernent Dirk Schröder hat bereits seine Unterstützung zugesagt.

Angestrebte Aufgaben sind beispielsweise Akustik-Ampeln, Busse mit Hebelift, Integration behinderter Kinder in Kitas und Schulen, mehr Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Menschen mit Einschränkungen sowie Infos, Kontaktadressen und Unterstützung. Immerhin: Acht bis zehn Prozent der Hildesheimer sind Menschen mit Behinderungen. „Wichtig ist aber, dass sie nicht nach ihren Defiziten, sondern nach ihren Fähigkeiten beurteilt werden“, sind sich die Gründungs-Interessenten einig.

Beteiligt an den Beirat-Plänen sind inzwischen Vertreter von „Stolperstein“, Paritätischer Hildesheim-Alfeld, Lebenshilfe, „Wirbelwind“-Skoliose-Gruppe, Förderschule im Bockfeld, Landesbildunszentrum für Hörgeschädigte sowie die Diakonie Himmelsthür.  Die Beiratsmitglieder sollen im kommenden Jahr ausschließlich von Betroffenen beziehungsweise deren Betreuern gewählt werden.

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