VHS-Chef: "Stadt soll kleine Schulen schließen"

Die Stadt muss massiv in die Nachmittagsbetreuung von Schülern investieren. Im Gegenzug sollte sie kleine Schulen schließen – das fordert der VHS-Chef Hartwig Kemmerer.

Kemmerer: Für gute Nachmittagsbetreuung sind auch 30 Minuten Fahrtzeit akzeptabel

(Quelle: Hildesheimer Allg. Zeitung, 23.01.09) Hildesheim. Die Stadt muss massiv in die Nachmittagsbetreuung von Schülern investieren. Im Gegenzug sollte sie kleine Schulen schließen – das fordert der Chef der Hildesheimer Volkshochschule, Hartwig Kemmerer.

Bisher gebe es viele wohnortnahe Schulen nach dem Prinzip "kurze Beine – kurze Wege", bilanziert Kemmerer. Wichtiger als ein kurzer Schulweg sei jedoch  eine gute Schule, und dafür ist aus seiner Sicht auch ein Schulweg von 20 oder 30 Minuten akzeptabel. "Eine gute Schule braucht eine gewisse Größe, und die kann man nicht immer im eigenen Stadtteil haben." Es sei jetzt an der Zeit, einst legitime Egoismen über Bord zu werfen.

Hintergrund dieser Forderung ist die Auseinandersetzung um ein zusätzliches Gebäude für das Scharnhorstgymnasium. Die Schule an der Steingrube möchte Ganztagsschule werden und wünscht sich dafür eine Mensa. Bei der Stadt blitzte Schulleiter Reinhard Sell jedoch ab: Dezernent Dirk Schröder hält es für ausreichend, wenn die Schüler im benachbarten Mehrgenerationenhaus essen.

Davon hält jedoch die Volkshochschule (VHS), die das Haus betreibt, gar nichts. Der VHS-Chef fürchtet um seine bisherige Kundschaft. 100 bis 130 Menschen essen täglich im Mehrgenerationenhaus, vor allem ältere Leute aus dem Stadtteil. "Wenn täglich 200 bis 250 Schüler mit entsprechendem Geräuschpegel kommen, dann kommt die 75-jährige Dame nicht mehr", sagt Kemmerer. Das Schulessen gehört aus seiner Sicht in die Schule – doch dafür wäre ein neues Gebäude unumgänglich. Derzeit können sich die Schüler lediglich am Schulkiosk versorgen und ihr Brötchen oder eine kleine Pizza im Stehen auf dem Schulhof verzehren. 100 000 Euro hat die Stadt gerade erst für den Freizeitbereich der Robert-Bosch-Gesamtschule investiert. Weil der Schultag dort bis zum Nachmittag dauert, können die Schüler in ihrer freien Zeit in AGs mitarbeiten, aber auch Tischtennis oder Billard spielen. Für Kemmerer, der dem Schulausschuss der Stadt als beratendes Mitglied angehört, ist das vorbildlich. "Wenn die Schüler nicht nur den Unterricht besuchen, sondern auch einen Teil ihres sonstigen Lebens in der Schule verbringen, dann muss man dafür die Gebäude anpassen." Die Schüler bräuchten Ruhezonen, Bibliotheken, Platz für Bewegung und Hausaufgaben.

Denn ein Haus wie das Scharnhorstgymnasium ist als Lebensraum nur mangelhaft geeignet, sagt auch die stellvertretende Schulleiterin Gabriele Krause. "Als die Gymnasien gebaut wurden, da hat die Mutter mittags gekocht – heute sind die Schüler allein zu Hause oder gehen zu McDonalds." Da soll die erhoffte Mensa Abhilfe schaffen.

Pläne für eine Ganztagsschule gibt es jedoch nicht nur an der Steingrube. Derzeit ist die Stadtverwaltung im Gespräch mit mehreren Grundschulen, an denen Schulhorte eine Nachmittagsbetreuung ermöglichen sollen. VHS-Chef Hartwig Kemmerer fordert nun, bei der Planung nicht länger an der Stadtgrenze Halt zu machen. "Wir dürfen nicht länger über einzelne Schulen reden, Stadt und Landkreis müssen gemeinsam planen."

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