DJane Claudia und die "Dancing Queen"

Hildesheim, 12.03.10 (Quelle: Hildesheimer Allg. Zeitung). Nein, wie ein sonderlich großes Opfer sieht das wahrlich nicht aus. Die Bundesvorsitzende der Grünen, Claudia Roth, legt für mehr als 200 Besucherinnen der Internationalen Frauendisko im Vier Linden auf, und sie wirkt dabei bestens gelaunt. Die Kopfhörer übergestülpt, wippt sie mit dem ganzen Körper im Takt, strahlt über die gut gefüllte Tanzfläche. Und doch weiß Brigitte Pothmer, Hildesheimer Bundestagsabgeordnete der Grünen, dass "die Claudia" eigentlich ganz gerne vorm Fernseher säße: "Unser Star für Oslo" läuft, die Entscheidung, und Roth als bekennende "Grand Prix"-Anhängerin bekommt davon nichts mit.

"Ich hätte mir das angesehen, der Raab macht das gut, er setzt wirklich auf Qualität", sagt Roth später beim kurzen Backstage-Gespräch mit der Redaktion. Doch sie stand nun mal bei den Hildesheimer Grünen und ihrer Kollegin Pothmer im Wort. Erst auflegen, dann am Sonnabendvormittag in der Fußgängerzone Unterschriften sammeln, für das "Volksbegehren für gute Schulen" in Niedersachsen, das sich unter anderem für die Rückkehr zum Abitur nach 13 Jahren an den Gesamtschulen und Gymnasien und eine erleichterte Neugründung von Gesamtschulen einsetzt.

Dass sie mit ihrer Entscheidung für Hildesheim richtig lag, sei ihr schon bei der Anfahrt per Taxi aufgefallen, sagt Roth. Ihr Chauffeur: ein Mann aus Afghanistan. Er habe sie erkannt, sagt Roth, und er habe gesagt: "Meine Frau und meine Tochter kommen auch ins Vier Linden." Tatsächlich scheint die Idee, zum nachgeholten Frauentag eine reine Frauendisko auf die Beine zu stellen, ins Herz der Besucherinnen getroffen zu haben.

Die Kooperation der Grünen mit dem Internationalen Frauentreff und dem Flüchtlingsrat tut ihr Übriges. Frauen aus aller Herren Länder genießen sichtlich die Atmosphäre, hören erst "Herzen in Terzen", tanzen dann ausgelassen. Zu welchen Klängen? "Walking on sunshine" von Katarina and the Waves, die Nummer

zieht noch immer, ebenso ABBA: "Dancing Queen – das ist für Brigitte",ruft DJane Claudia Roth ins Mikro, und die Angesprochene meint abwehrend: "Das ist ihre Sicht – ich bin eigentlich ne Rock'n'Rollerin." Auf die Tanzfläche düst Pothmer dennoch. Roth legt an diesem Abend übrigens fast ausschließlich Stücke von Musikerinnen auf. Ausnahmen sind natürlich erlaubt, ein bisschen Michael Jackson ("Als Tribut!"), Robbie Williams, Peter Fox und natürlich Rio Reiser, mit dem Roth eine innige Freundschaft verband und dessen Band Ton, Steine, Scherben sie einst managte. Die "Scherben", sagt Roth, sind auch heute noch immer ihre Nummer eins. Legitime Nachfolger? "Rio ist einmalig", kommt blitzschnell die Antwort, aber eben jener Peter Fox oder Jan Delay, die seien wirklich gut. Dem Musikgeschmack des Publikums will sie sich keinesfalls anbiedern, sagt Claudia Roth. Sie spiele nur das, was ihr auch gefalle. Klar, dass ihr "I am what I am" von Gloria Gaynor da gut in den Kram passt. Sie ist was sie ist, in der Politik wie in der Disko.

Vielleicht ist es das auch, was ihre Fans in Hildesheim so an ihr mögen. Als sie hinter der Bühne mit der Redaktion plaudert, kommen immer wieder Frauen in den eigentlich abgeschlossenen Bereich, setzten sich kurz neben Roth, nur für ein kleines Erinnerungsfoto. "I love you, I love you, I love you", sagt eine immer wieder auf Englisch. Sie komme aus Kanada und habe dort in der feministischen Bewegung mitgekämpft. "I burnt my bra!" – "Ich habe meinen BH verbrannt", sagt sie noch und herzt die Politikerin.

Die lässt alles lächelnd über sich ergehen, bevor sie wieder ("Jetzt kommen ein paar deutsche Stücke!") auf die Bühne flitzt. Augenblicke später steht sie wieder neben ihrer Profi-Kollegin DJane DuTarzan, das Mikro in der Hand, und singt lauthals mit. "Ich will 'nen Cowboy als Mann" von Gitte. Tatsächlich, auch der teinalte Schlager funktioniert. "Die Claudia" trällert, und die Frauen auf der Tanzfläche schwingen das imaginäre Lasso. Nur zum Einfangen ist diesmal eben keiner da.

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