Fall Salame: Landrat unter Beschuss

Der Fall Gazale Salame bewegt weiter die Öffentlichkeit. Rund 130 Menschen, unter ihnen Superintendent Helmut Aßmann, haben gestern Nachmittag in Hildesheim erneut für die Rückkehr der vor sechseinhalb Jahren in die Türkei abgeschobenen Frau demonstriert und den Landkreis aufgefordert, eine Familienzusammenführung in Deutschland zu ermöglichen.

Bei der Demonstration werden die Attacken auf Reiner Wegner härter - auch aus der eigenen Partei

(Hildesheimer Allg. Zeitung, 08.09.11) Hildesheim. Der Fall Gazale Salame bewegt weiter die Öffentlichkeit. Rund 130 Menschen, unter ihnen Superintendent Helmut Aßmann, haben gestern Nachmittag in Hildesheim erneut für die Rückkehr der vor sechseinhalb Jahren in die Türkei abgeschobenen Frau demonstriert und den Landkreis aufgefordert, eine Familienzusammenführung in Deutschland zu ermöglichen. Dabei wird der Ton zunehmend schärfer, vor allem gegen Landrat Reiner Wegner. Seine Parteikollegin, die Hildesheimer SPD-Landtagsabgeordnete Jutta Rübke, forderte ihn auf, sich an seine sozialdemokratischen Wurzeln zu erinnern.

Wie berichtet, hatte Gazale Salames Unterstützerkreis, zu dem neben Rübke auch die Hildesheimer Ehrenbürgerin Lore Auerbach zählt, zuletzt Hoffnung geschöpft. Dabei ging es um Salames Mann Ahmet Siala, der mit zwei der vier gemeinsamen Kinder noch immer im Landkreis Hildesheim lebt. Neue Dokumente und ein DNA-Gutachten belegen den Unterstützern zufolge seine libanesische Herkunft und könnten ihm so eine Aufenthaltserlaubnis ermöglichen. Damit wäre der Weg für eine Rückkehr seiner Frau und der beiden Kinder geebnet.

Tatsächlich hat der Landkreis in der vergangenen Woche eine erneute Prüfung des Falles angekündigt. Bereits in der Vergangenheit verwies die Behörde aber immer wieder auf die Zuständigkeit des Innenministeriums und bestehende Gerichtsurteile. Es gebe noch keine Ergebnisse der neuerlichen Prüfung, sagte Landkreis-Sprecher Hans-A. Lönneker gestern Mittag auf Anfrage der Redaktion.

Nur wenige Stunden später, beim Demo- Beginn auf dem Angoulêmeplatz, wollte an einen offenen Ausgang dieser Prüfung aber niemand mehr glauben. Er wisse inzwischen, dass die Behörde allen Dokumenten zum Trotz unbeirrt von einer türkischen Herkunft Sialas ausgehe, sagte Kai Weber, der Geschäftsführer des niedersächsischen Flüchtlingsrats, am Rande der Demonstration. Öffentlich warf er Wegner Wortbruch vor, weil er seine Ankündigung, sich für das Schicksal der getrennten Familie einzusetzen, nicht umgesetzt habe. Als Weber den Landrat wegen "völkisch-rassistischer Argumentation" und "Vertreibungspolitik" attackierte, gab es Beifall.

Gemäßigtere Töne kamen vom Superintendenten Helmut Aßmann, doch auch er appellierte an den Landkreis, Siala die Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Nichts sei leichter als das, sagte der Kirchenmann unter Applaus. Er verwies darauf, dass die Lösung des Falles kein juristisches Problem mehr sei, sondern ein politisches. Es gehe um die Grundlagen der Gesellschaft – den Schutz von Kindern, den Schutz von Familien.

Begleitet von Musik und zahlreichen Polizisten zog die friedliche Demonstration schließlich über den Bahnhofsvorplatz, die Bahnhofsallee und die Kaiserstraße zum Kreishaus. Unter den Demonstranten war wie immer auch Ahmet Siala, neben ihm schritten schweigend seine Töchter Amina (14 ) und Nura (12). Es war kurz nach 18 Uhr, als auf dem Platz direkt vor dem verlassen wirkenden Kreishaus Jutta Rübke noch einmal kurz das Mikrofon ergriff. Sie fordere den Landrat und Juristen Reiner Wegner auf, die juristischen Finessen zu lassen, sagte die Politikerin mit bewegter Stimme. An den Sozialdemokraten Wegner appelliere sie, sich der gemeinsamen politischen Wurzeln zu erinnern. "Und ich bitte ihn als Menschen, der auch eine Familie hat, seine Haltung zu überdenken."

Für den 15. Oktober haben Salames Unterstützer bereits die nächste Demonstration angekündigt.

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