Grabsteine ohne schlechtes Gewissen

Zertifikat "Keine Kinderarbeit": SPD/BündnisGrüne wollen Friedhofssatzung ändern Stein ist nicht gleich Stein. Das gilt auch für Grabmale, denn nicht alle haben eine saubere Vorgeschichte. Gemeint sind Exemplare, die per Kinderarbeit aus Steinbrüchen gehauen wurden. Nun soll die Harsumer Friedhofssatzung geändert werden. "In Indien oder China leisten Kinder in ohrenbetäubendem Lärm und ohne ausreichenden Staubsschutz Schwerstarbeit", kritisiert Jürgen Sander von den Grünen.

Zertifikat "Keine Kinderarbeit": SPD/BündnisGrüne wollen Friedhofssatzung ändern

(Hildesheimer Allg. Zeitung, 14.09.10) Harsum. Stein ist nicht gleich Stein. Das gilt auch für Grabmale, denn nicht alle haben eine saubere Vorgeschichte. Gemeint sind Exemplare, die per Kinderarbeit aus Steinbrüchen gehauen wurden. Nun soll die Harsumer Friedhofssatzung geändert werden.

"In Indien oder China leisten Kinder in ohrenbetäubendem Lärm und ohne ausreichenden Staubsschutz Schwerstarbeit", kritisiert Jürgen Sander von den Grünen. Wer unter solchen Bedingungen arbeiten müsse, erleide nach kurzer Zeit Gehörschäden und Atemwegserkrankungen. "Diese Kinder werden brutal ausgenutzt." Arbeitsunfälle seien keine Seltenheit, ebenso sei die Lebenserwartung von Kinderarbeitern in Steinbrüchen gering. Darauf möchte Sander aufmerksam machen.

Denn: Vielen Käufern wiederum seien die wahren Umstände der Grabstein-Herkunft überhaupt nicht bekannt. "Genau dafür wollen wir ein Bewusstsein schaffen", betont der 47-Jährige. Daher hat der Hönnersumer einen Antrag formuliert, der in der heutigen Sitzung des Finanzsausschusses besprochen und verabschiedet werden soll.

Ziel ist, auf Friedhöfen in der Gemeinde Harsum nur noch zertifi zierte Grabsteine zu verwenden. "Wir können es nicht verbieten, aber appellieren an jeden, auf Grabsteine aus Kinderarbeit zu verzichten", sagt Marc Ehrig, SPD-Fraktionvorsitzender in Harsum. Bürgermeister Gundolf Kemnah sieht das inhaltlich genauso, weist aber auf ein rechtliches Problem hin: Laut zwei aktuellen Urteilen sei es derzeit nicht möglich, in kommunalen Friedhofssatzungen ein rigoroses Verbot von Grabsteinen mit zweifelhafter Herkunft festzuschreiben.

Dennoch: Mit verstärkter Aufklärung soll dieser ausbeuterischen Kinderarbeit nicht länger Vorschub geleistet werden. Ein entsprechender Passus soll daher in die Friedhofssatzung aufgenommen werden. So wird empfohlen, Grabmale, Grabaufbauten, Einfriedungen und Einfassungen nur noch mit einwandfreier Herkunftskette zuzulassen: vom Steinbruch über die Weiterverarbeitung bis zum Transport im Hafen – alles frei von Kinderarbeit. Zudem soll jeder Grabstein-Käufer in spe über die Produktionsbedingungen mit einem Nachweis informiert werden.

Nun räumen die Kommunalpolitiker Sander und Ehrig ein, dass Gütesiegel schnell verteilt sind, ohne dass jemand die tatsächlichen Produktionsbedingungen vor Ort kennt. Daher machen sie sich für das Prädikat "Xertifi x" stark, die sich für Natursteine ohne Kinderarbeit einsetzen (www.xertifi x.de). Dafür verbürgt sich unter anderem als Vorsitzender der ehemalige Bundesarbeitminister Dr. Norbert Blüm. Und was sagen Steinmetze dazu? Nachfrage bei Jens Rascher, Steinmetzmeister bei der Firma Meisen-Naturstein in Algermissen und Harsum: "Wir bieten nur Steine an, die nachweislich nicht aus Kinderarbeit kommen." Das könne Rascher, selbst Vater, sonst nicht mit seinem Gewissen vereinbaren. Immerhin seien mittlerweile 75 Prozent der Steine Importware aus Indien, China und Skandinavien. Allerdings: Steine mit Zertifi kat seien eben auch etwas teurer. Der Steinmetz bezweifelt jedoch, das ausgerechnet Grabsteine mit Kinderarbeit gewonnen werden. "Die sind viel zu schwer. Ich glaube, die meisten bearbeiten eher Schottersteine für den Straßenbau."

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