Kreis soll "tragischen Justizirrtum" beenden

Seit sechseinhalb Jahren sind Ahmed Siala, Gazale Salame und ihre vier Kinder getrennt. Unzählige Gerichtsverhandlungen, Mahnwachen und Presseveröffentlichungen haben daran nichts geändert. Jetzt sind die Unterstützer der Familie mit neuen Erkenntnissen an die Öffentlichkeit getreten.

Fall Siala: Unterstützer legen neue Dokumente vor / Demo am Mittwoch

(Quelle: KEHRWIEDER am Sonntag, 4.9.11) Landkreis. Seit sechseinhalb Jahren sind Ahmed Siala, Gazale Salame und ihre vier Kinder getrennt. Unzählige Gerichtsverhandlungen, Mahnwachen und Presseveröffentlichungen haben daran nichts geändert. Jetzt sind die Unterstützer der Familie mit neuen Erkenntnissen an die Öffentlichkeit getreten. Sie sind davon überzeugt, endlich nachweisen zu können, dass die Flüchtlingsfamilie Opfer eines "tragischen Justizirrtums" geworden ist.

2001 wurde Ahmed Siala vom Landkreis Hildesheim die Aufenthaltserlaubnis mit der Begründung entzogen, er habe die Behörde über seine türkische Herkunft "getäuscht". Diese Annahme stützt sich auf einen Eintrag seines Vaters in einem türkischen Melderegister. Dem Dokument von 1975 zufolge war Sialas Vater Gazi ledig. Er sei zu dieser Zeit aber bereits verheiratet und siebenfacher Vater gewesen, so die Unterstützer. Dies belege nunmehr ein Registerauszug aus dem Libanon. Im türkischen Register wird zudem ein in Hameln lebender Flüchtling namens Ismael Önder als Bruder von Sialas Vater benannt. Dass dies falsch sei, belege eine DNA-Analyse der Medizinischen Hochschule Hannover, die das Landgericht Bückeburg in Auftrag gegeben hatte. Damit stehe fest: Die Abstammung von einem türkischen Vater sei Siala fälschlich unterstellt, die Aufenthaltserlaubnis zu Unrecht entzogen worden. Der 31-Jährige habe deshalb einen Anspruch darauf, dass ihm rückwirkend der Aufenthaltstitel wiedererteilt wird, erklärt Rechtsanwältin Silke Schäfer. Gleiches gelte für seine Ehefrau und die beiden jüngsten Kinder zum Zwecke des Familiennachzugs.

Schäfer präsentierte diese Neuigkeiten am Donnerstag gemeinsam mit Superintendent Helmut Aßmann, Dechant Wolfgang Voges, der SPDLandtagsabgeordneten Jutta Rübke, der Hildesheimer Ehrenbürgerin Dr. Lore Auerbach und Regina Stolte vom DGB. Für sie alle ist klar, dass der Landkreis es in der Hand hätte, die Familie, die er 2005 auseinandergerissen hat, wieder zusammenzuführen. "Es geht hier um eine schwere Menschenrechtsverletzung", sagte Dechant Voges. Lore Auerbach berichtete davon, wie Gazale Salame am Rande von Izmir in der Türkei "vegetiert". Sie sei psychisch zermürbt und suizidgefährdert. Die Kinder seien auffällig.

Auffällig ist derweil auch Ahmed Siala geworden. Offenbar weil eine Lehrerin seine Kinder kritisiert hatte, sei er zur Schule gefahren und habe dort herumgepöbelt, wie Kai Weber vom Flüchtlingsrat bestätigt. Ohne dies rechtfertigen zu wollen, überrascht es Weber nicht, dass bei Siala, der sich um seine kranken Eltern, den Aufbau eines Betriebes und die zwei Töchter kümmern muss, die Nerven blank liegen. Die Lehrerin zeigte Siala wegen Nötigung an, er wurde zu 20 Tagessätzen verurteilt. Ein Vorfall zur Unzeit: Beim Landkreis und im Innenministerium hatte man nach einer Lösung gesucht, im Juni wurde über die Aufenthaltserlaubnis von Ahmed Siala in der Härtefallkommission des Landes beraten. Eine Stimme fehlte zu einem positiven Votum.

Der Landkreis teilte am Freitag mit, er prüfe den Antrag der Anwältin auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und das DNA-Gutachten. "Das Gutachten war dem Landkreis nicht bekannt, ändert an der türkischen Abstammung des Herrn Siala aber nichts, da weiterhin sowohl sein Vater als auch weitere Geschwister des Vaters im türkischen Register registriert sind", heißt es aus dem Dezernat für Sicherheit und Ordnung.

Die Unterstützer hatten bereits geahnt, dass mit einer schnellen Lösung weiterhin nicht zu rechnen ist. Für Mittwoch, 7. September, rufen sie deshalb zu einer Demonstration auf. Treffpunkt ist um 17 Uhr am Angoulêmeplatz in Hildesheim, von dort soll es zum Kreishaus gehen. Hinter den langsam mahlenden Behördenmühlen stehe laut Superintendent Helmut Aßmann das "irre Kalkül, dass irgendjemand aufgibt" – indem etwa Siala freiwillig in die Türkei reise. "Uns ist es ein Anliegen, dass dieses Kalkül nicht aufgeht.

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