Landkreis: Für eine Lösung, aber nicht in Deutschland

Im Fall Ahmed Siala und Gazale Salame bleibt der Landkreis Hildesheim bei seiner Haltung. Eine kurzfristige Lösung werde es nicht geben, teilte die Verwaltung am Donnerstag in einer elfseitigen Erklärung mit. Zwar stelle die Trennung der Familie auch nach Auffassung des Landkreises "insbesondere für die vier Kinder eine äußerst belastende Lebenssituation dar, die zum Wohle der Kinder aufgelöst werden sollte". Doch die Möglichkeit einer Familienzusammenführung in Deutschland sei "zurzeit ausgeschlossen".

Landrat Wegner bleibt im Fall Siala bei seiner Haltung / Kritiker sind entsetzt

(Quelle: KEHRWIEDER am Sonntag, 23.10.11) Landkreis. Im Fall Ahmed Siala und Gazale Salame bleibt der Landkreis Hildesheim bei seiner Haltung. Eine kurzfristige Lösung werde es nicht geben, teilte die Verwaltung am Donnerstag in einer elfseitigen Erklärung mit. Zwar stelle die Trennung der Familie auch nach Auffassung des Landkreises "insbesondere für die vier Kinder eine äußerst belastende Lebenssituation dar, die zum Wohle der Kinder aufgelöst werden sollte". Doch die Möglichkeit einer Familienzusammenführung in Deutschland sei "zurzeit ausgeschlossen". Ahmed Sialas Antrag auf Wiederaufgreifen seines Verfahrens werde aller Voraussicht nach abgelehnt. Gegen diese Entscheidung könne er vor dem Verwaltungsgericht klagen.

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen zeigte sich in einer ersten Stellungnahme "tief enttäuscht und vollkommen entsetzt über das Niveau der Argumente" des Landkreises. Dieser verbreite "eine Menge Halbwahrheiten" und lenke von der eigentlichen Frage ab: "Was hat Ahmed Siala mit der Türkei zu tun?" Landrat Reiner Wegner (SPD) betont in der Erklärung, dass auf Anregung des Niedersächsischen Innenministeriums mit Siala eine Vereinbarung getroffen worden sei, die zu einem legalen Aufenthalt hätte führen können. "Gegenstand dieser Vereinbarung war allerdings auch ein Mindestmaß an Integrationsbereitschaft des Herrn Siala." Diese habe er vermissen lassen, da er seit seiner Einreise nahezu durchgängig Sozialleistungen beansprucht habe und "mehrere Strafverfahren und Ordnungswidrigkeitenverfahren anhängig" waren.

Der Flüchtlingsrat wirft dem Landkreis vor, Stimmung zu erzeugen, ohne Fakten zu nennen. "Das ist Stammtischniveau", kritisiert Geschäftsführer Kai Weber. So sei Ahmed Siala erst durch den Entzug seiner Aufenthaltserlaubnis erwerbslos geworden. Danach sei er zwar auch immer wieder mal arbeitslos gewesen, seit einiger Zeit erwirtschafte er seinen Lebensunterhalt aber selbstständig. Bei den Verfahren handele es sich um eine bekannte Verurteilung von vor fünf Jahren, als Siala beim Schlachten keinen Veterinär hinzugezogen habe. Inzwischen gebe es mehrere positive Zeugnisse von Veterinärämtern. Darüber hinaus gebe es eine ebenfalls "bekannte und erklärbare geringfügige Verfehlung", wegen der er zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen verurteilt wurde. Wie berichtet, hatte Siala eine Lehrerin angepöbelt, weil er seine Töchter ungerecht behandelt sah. "Mehrere Strafverfahren und Ordnungswidrigkeiten können ihm kaum vorgeworfen werden, weil diese Verfahren eingestellt wurden", schreibt der Flüchtlingsrat. Mit dem Innenministerium habe es 2010 die Vereinbarung gegeben, dass Ahmed Siala eine Aufenthaltserlaubnis über einen Antrag bei der Härtefallkommission ermöglicht werden sollte. "Eine weitere Vereinbarung gab es – anders als in der Pressemitteilung des Landkreises dargestellt – nicht."

Bei der für Sialas Bleiberecht entscheidenden Frage nach seiner Abstammung bezieht sich der Landkreis weiter auf den umstrittenen Familienregisterauszug aus der Türkei. Der vor dem Landgericht Bückeburg verhandelte Fall könne nicht auf Ahmed Siala übertragen werden, außerdem sei der Mitarbeiter der Kreisverwaltung, der dort als Zeuge aussagte, "vom Gericht unrichtig interpretiert" worden. Das Gericht hatte die türkischen Registerauszüge als "nicht verlässlich" bewertet und sich dabei maßgeblich auf den Landkreis-Mitarbeiter berufen.

Die Landtagsabgeordnete und Hildesheimer SPD-Vorsitzende Jutta Rübke zeigte sich "entsetzt" von der Erklärung der Verwaltung. "Es kommt an keiner Stelle etwas Menschliches rüber." Sie schäme sich noch heute, dass der Landkreis eine schwangere Frau abgeschoben habe. Die Bundestagsabgeordnete Brigitte Pothmer (Grüne) spricht von einer "unbegreiflichen" Stellungnahme. "Der Landrat zieht sich auf verwaltungstechnische Positionen zurück und lässt jegliche Bemühungen für eine humanitäre Lösung vermissen", so Pothmer.

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