Bürgerstiftung als Königsweg

Zum zweiten Mal hat die Stiftung Universität Hildesheim gestern den Kongress des Bundesverbands Deutscher Stiftungen ausgerichtet. Am Rande der Veranstaltung mit Vertretern von 220 Stiftungen bundesweit sprach diese Zeitung mit dem Verbandsvorsitzenden Dr. Wilhelm Krull, zugleich Generalsekretär der Volkswagen-Stiftung in Hannover über die mögliche Verwendung der "Pecunia"- Gelder.

17.09.10 –


Der Vorsitzende des Bundes-Stiftungsverbands sieht die "Pecunia"-Gelder schlecht angelegt

(Hildesheimer Allg. Zeitung, 17.09.10) Hildesheim. Zum zweiten Mal hat die Stiftung Universität Hildesheim gestern den Kongress des Bundesverbands Deutscher Stiftungen ausgerichtet. Am Rande der Veranstaltung mit Vertretern von 220 Stiftungen bundesweit sprach diese Zeitung mit dem Verbandsvorsitzenden Dr. Wilhelm Krull, zugleich Generalsekretär der Volkswagen-Stiftung in Hannover über die mögliche Verwendung der "Pecunia"- Gelder.

HAZ: In Hildesheim wurde gerade diskutiert, was mit den 340 000 Euro aus der sogenannten "Pecunia-Affäre" geschehen soll. Der Rat hat entschieden, zwei Stiftungen mit einem Startkapital von je 170 000 Euro zu gründen. Halten Sie das für sinnvoll?

Selbst ein Betrag von 340 000 Euro wäre für die Gründung einer Stiftung vergleichsweise niedrig. Entscheidend dafür, ob die generierten Erträge sinnvoll eingesetzt werden können, ist unter anderem der Zweck der Stiftung.

Es geht in diesem Fall um eine Sport- und eine Bildungsstiftung.

Gerade der Bildungsbereich wird mit Milliardenbeträgen aus der öffentlichen Hand unterstützt. Die 1000 bis 1500 Euro jährlicher Ertrag, die sich damit erzielen ließen, reichen vielleicht gerade für ein oder zwei Preisverleihungen im Kulturbereich aus. In diesem Fall hielte ich es für sinnvoller, das Geld einer Bürgerstiftung zuzustiften.

Genau diese Alternative hat die Ratsmehrheit abgelehnt. Was wäre aus Ihrer Sicht der Vorteil gewesen?

Bürgerstiftungen sind, was ihren Zweck angeht, sehr breit aufgestellt. Ohne die Satzung der Hildesheimer Bürgerstiftung zu kennen, denke ich, dass sich auch Sport, Bildung und Kultur unter diesem Dach vereinen ließen. Eine solche Stiftung ist auf Wachstum angelegt und profi tiert dabei von ehrenamtlichem Engagement und lokaler Expertise ihrer Mitarbeiter.

Was ist entscheidend dafür, dass eine einmal angelegte Stiftung weiter wächst?

Damit sich das Kapital mehren kann, muss es strategisch gut gestreut und angelegt sein. Auch darf die Verwaltung der Stiftung die Erträge nicht auffressen. Deshalb ist gerade bei kleinen Stiftungen der Einsatz von Ehrenamtlichen unabdingbar. Neben dem Kapitalerhalt müssen weitere Gelder eingeworben werden. In Bürgerstiftungen geschieht das durch Spenden und Zustiftungen, zum Beispiel indem Bürger ihr Vermögen nach ihrem Tod der Stiftung übereignen. Um möglichst viele für diese Idee zu gewinnen, sind wiederum das Engagement und die persönlichen Kontakte der Ehrenamtlichen unerlässlich. Viele Bürgerstiftungen haben mit einem sehr kleinen Startkapital angefangen und sind danach beständig gewachsen.

Bei der hier diskutierten Stiftungsgründung gab es auch Kritik an der Entscheidung, den Vorstand der Sportstiftung zu einem Viertel mit Vertretern aus dem Rat zu besetzen. Zu Recht?

Es ist leider ein bisschen in Mode gekommen, dass, wenn bei Stiftungsgründungen die Politik mitspielt, sich hinterher auch Politiker in die Vorstandsfunktion hineindrängen. In begrenztem Umfang mag das vertrauensbildende Wirkung haben, generell sind aber gerade Transparenz und politische Unabhängigkeit ein Merkmal von Stiftungen. Dazu gehört auch, dass Stiftungen auf bestimmte Situationen fl exibler reagieren und Gelder schneller bereitstellen können, als das der Fall ist, wenn die Entscheidung erst politische Gremien und öffentliche Verwaltungsprozesse durchläuft. Die von uns formulierten "Grundsätze guter Stiftungspraxis" schließen daher eine Verquickung von Leitungs- und Aufsichtspersonen in derselben Person aus.

Interview: Sara Reinke    

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