Familie bangt: Wo sind Vater und Sohn?

Nach der Abschiebung eines 62-Jährigen und seines schulpflichtigen Sohnes nach Syrien bangt die Familie um das Wohl der beiden. Die Angehörigen, die anders als gemeldet nicht in Harsum, sondern in Giesen leben, haben nach eigener Aussage seit Dienstag nichts mehr von Badir Naso und seinem Sohn Anuar gehört.

05.02.11 –

Seit der Abschiebung haben Giesener nichts von ihren Angehörigen gehört / Kreis verweist auf Gericht

(Hildesheimer Allg. Zeitung, 05.02.11) Kreis Hildesheim/Giesen. Nach der Abschiebung eines 62-Jährigen und seines schulpflichtigen Sohnes nach Syrien bangt die Familie um das Wohl der beiden. Die Angehörigen, die anders als gemeldet nicht in Harsum, sondern in Giesen leben, haben nach eigener Aussage seit Dienstag nichts mehr von Badir Naso und seinem Sohn Anuar gehört. Er befürchte, dass die beiden vomsyrischen Geheimdienst verhört und misshandelt werden, sagte gestern Kai Weber vom Flüchtlingsrat Niedersachsen, der die Aktion erneut scharf verurteilte.

Wieder einmal habe der Landkreis eine Abschiebung "überfallartig" umgesetzt und dabei in Kauf genommen, eine Familie zu trennen, moniert der Flüchtlingsrat in einer Pressemeldung.

Wie berichtet, waren die Behörden am frühen Dienstagmorgen mit der Polizei bei Familie Naso angerückt. Zunächst hatten sie auch die Mutter Bashe nach Frankfurt gebracht, sie wurde wegen eines Schwächeanfalls aber wieder zurück nach Giesen gefahren. Dort bangt sie nun mit ihrer nicht abgeschobenen 18-jährigen Tochter Schanas. Mehrere ihrer insgesamt sieben erwachsenen Kinder sind zu Besuch, Sohn Daoud (26), zum Beispiel: "Wir machen uns große Sorgen – mein Bruder spricht doch noch nicht mal richtig die Sprache!"

Wie zuvor auch der Anwalt der Familie, Hennig Sonnenberg, kritisiert der Flüchtlingsrat, dass die Familie keine Gelegenheit bekam, zur Frage Stellung zu nehmen, wie gut Sohn Anuar (16) integriert ist. Im Fall einer erfolgreichen Integration hätte er nach neuer Rechtslage nicht abgeschoben werden können.

Das war allerdings auch dem Landkreis klar. Man sei aber nach einer Stellungnahme derMolitorisschule – und weil die Staatsanwaltschaft gegen den Jugendlichen ermittle – zu der Überzeugung gekommen, dass eine "positive Integration" nicht festzustellen sei. Darauf verwies gestern auch Landkreis-SprecherHans Lönneker. Das Verwaltungsgericht Hannover (VG) habe die Auffassung des Landkreises in einem Eilverfahren bestätigt. Das VG und das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hätten zuvor auch die Abschiebe-Entscheidung für rechtens erklärt. Im vergangenen Jahr wurden im Kreis laut Lönneker weniger als zehn Menschen abgeschoben.

Der Pressesprecher wies auch die Kritik an der Eile bei der Abschiebung zurück. "In solchen Fällen besteht die Gefahr des Untertauchens", sagte Lönneker. Die zuständigen Landesbehörden legten großen Wert darauf, das zu vermeiden.

"Das ist erkennbarer Unfug", hält ihm Henning Sonnenberg entgegen. Dass die syrische Botschaft den Nasos, die als yezidische Kurden in Syrien als Ausländer gelten, plötzlich die zur Abschiebung nötigen Passersatzdokumente ausstellt, sei nicht einmal im Ansatz zu erwarten gewesen. Damit hätte es für seine Mandanten auch keinen Grund zum Abtauchen gegeben: "Man hätte alles in Ruhe klären können."

Der Rest der auseinander gerissenen Familie Naso will jetzt allerdings weniger ruhig vorgehen. Am Montag um 11 Uhr wollen die Giesener und ihre Unterstützer vor dem Bahnhof für eine Rückkehr der Abgeschobenen demonstrieren. Auch der Flüchtlingsrat hat zu der Demo aufgerufen.

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