Kämmerin Kuhne fordert Bürger auf: "Bitte mischen Sie sich ein!"

Haushalte einer Stadt sind für viele Menschen ein "Buch mit sieben Siegeln". Das Zahlenwerk wirkt auf den Betrachter wie ein undurchdringlicher Dschungel. Nur schwer sind die Zusammenhänge, Abhängigkeiten und Handlungsspielräume erkennbar. Die Stadt Hildesheim will die Situation verbessern. In Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Bürgerhaushalt hat Kämmerin Antje Kuhne den ersten Haushalt entwickelt.

01.09.12 –

Stadt legt in Kürze ersten Bürgerhaushalt vor / Jeder Hildesheimer kann Vorschläge an Rat richten und mitreden / Auftaktveranstaltung am Dienstag in der Volkshochschule

(Quelle: Hildesheimer Allg. Zeitung, 01.09.12)  Hildesheim. "Ich hätte da ja eine gute Idee, aber mich fragt ja keiner" - das ist die harmlose Variante, wenn Bürger die Haushaltsberatungen der Stadt kommentieren. Nur auf "die da oben" zu schimpfen, "die keine Ahnung haben", ist zwar einfach, aber oftmals ungerecht, denn der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Die Details blieben vielen Bürgern bisher verschlossen. Damit soll Schluss sein: In Kürze kann jeder über den Bürgerhaushalt Vorschläge einreichen und das Leben in Hildesheim mitgestalten. Die Initiative dazu kommt aus der Mitte der Bürgerschaft. Sie hat den Arbeitskreis Bürgerhaushalt gegründet. Einer der Akteure ist Alfred Müller.

Haushalte einer Stadt sind für viele Menschen ein "Buch mit sieben Siegeln". Das Zahlenwerk wirkt auf den Betrachter wie ein undurchdringlicher Dschungel. Nur schwer sind die Zusammenhänge, Abhängigkeiten und Handlungsspielräume erkennbar. Obendrein ist der Haushalt in Fachchinesisch geschrieben, was die Transparenz nicht unbedingt verbessert. Für viele ist es daher kaum nachvollziehbar, wo die Stadt ihr Geld hernimmt, wo es hinfließt, wie man es in andere Kanäle umleiten kann und welche Auswirkungen das hat.

"Das Haushaltsrecht ist das Königsrecht des Parlamentes", heißt es nicht zu Unrecht. Zum einen ist dieses Recht erst nach langen Auseinandersetzungen den damaligen "Untertanen" zugestanden worden. Zum anderen bestimmt nur der wirklich mit, der festlegen darf, wofür öffentliche Gelder eingenommen und ausgegeben werden dürfen.

Das Haushaltsrecht der Kommunen in Niedersachsen ist mit seinen Vorschriften und Regularien durch den Landtag vorgegeben. Nur in diesem Rahmen können die Räte als frei gewählte Vertreter der Bürger ihr Haushaltsrecht im Dienste der kommunalen Selbstverwaltung ausüben.

Die Stadt Hildesheim will die Situation verbessern. In Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Bürgerhaushalt hat Kämmerin Antje Kuhne den ersten Haushalt entwickelt. Es ist der Versuch, komplizierte Zusammenhänge so verständlich zu erläutern, dass auch der nicht Vorgebildete, aber am öffentlichen Leben seiner Heimatstadt Interessierte diese nachvollziehen kann. Dabei helfen Erklärungen, Grafiken und Übersichten. Kuhne ist voll des Lobes für die engagierten Bürger: "Eine tolle Initiative." 10 000 Euro lässt sich die Stadt den Versuch in diesem Jahr kosten. Die Kämmerin hofft, dass der Bürgerhaushalt auf Dauer die Arbeit von Rat und Verwaltung begleitet. "Wir könnten damit deutschlandweit Schlagzeilen schreiben, denn so günstig hat das meines Wissens keine andere Kommune auf die Beine gestellt."

Nach der Lektüre der rund 30 Seiten seien die Leser fit in den wichtigsten Haushaltsfragen. Dann sehe jeder, woher das Geld komme, wofür es eingesetzt werde, und wisse zwischen Pflichtausgaben und freiwilligen Leistungen zu unterscheiden. Kuhne: "Anschließend kann er mitreden, eigene Vorschläge sachlich gut begründen und andere Bürger mit fundierten Argumenten überzeugen."

Über einen Verein, der noch gegründet werden soll, werden ehrenamtlich engagierte Bürger die Broschüre der Stadt an Vereine, Verbände und Schulen in die Öffentlichkeit bringen. Über das Internetportal der Stadt sind diese Informationen ebenfalls in Kürze zugänglich.

Dann können die Bürger ihre Verbesserungsvorschläge abgeben. Die werden von der Stadt gesammelt, nach Fachgruppen geordnet, auf ihre Realisierbarkeit geprüft und in von der Initiative organisierten Bürgerversammlungen öffentlich beraten und eventuell beschlossen. Der Rat hat sich verpflichtet, die 30 besten Vorschläge öffentlich zu erörtern und gegebenenfalls auch in die Tat umzusetzen.

Der erste Bürgerhaushalt bildet das Jahr 2012 ab. Er liegt Mitte September vor. Der Bürgerhaushalt 2013, in dem sich alle Hildesheimer mit ihren Vorschlägen einbringen können, wird voraussichtlich in einer Bürgerversammlung am 25. September der Öffentlichkeit präsentiert.

Der Appell der Finanzdezernentin an die Bevölkerung: "Bitte mischen Sie sich ein." Die Stadt wolle mit Beteiligung der Bürger ihr Geld besser und gerechter verteilen und ihre Anstrengungen beim Sparen verstärken, um die finanzielle Situation Hildesheims weiter zu verbessern. "Da ist uns jeder realistische Vorschlag herzlich willkommen - Querdenker sind ausdrücklich erwünscht."

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