Politiker fordern: Einwanderer in den Rat

Die Veranstalter hätten sich kein schöneres Schlusswort ausdenken können: "Ich habe türkische Wurzeln", sagte Nilgün Yenigün. "Aber Deutschland ist mein Heimatland und Hildesheim meine Heimatstadt." Genau solche Einwanderer sucht der Präventionsrat: Dessen Arbeitsgruppe zur Integration wollte bei einer Veranstaltung Migranten dafür gewinnen, selbst in die Kommunalpolitik einzusteigen.

30.08.10 –

Tagung macht Migranten Mut zu kandidieren

(Hildesheimer Allg. Zeitung, 30.08.10) Hildesheim. Die Veranstalter hätten sich kein schöneres Schlusswort ausdenken können: "Ich habe türkische Wurzeln", sagte Nilgün Yenigün. "Aber Deutschland ist mein Heimatland und Hildesheim meine Heimatstadt." Genau solche Einwanderer sucht der Präventionsrat: Dessen Arbeitsgruppe zur Integration wollte bei einer Veranstaltung Migranten dafür gewinnen, selbst in die Kommunalpolitik einzusteigen.

Etwa 40 Zuhörer waren der Einladung gefolgt. Wolfgang Heimann vom Bereich Statistik und Wahlen der Stadtverwaltung erläuterte, wie die Wahl funktioniert, die am 11. September 2011 ansteht. Wer volljährig ist, mindestens drei Monate in Hildesheim wohnt und die deutsche Staatsbürgerschaft oder die eines EULandes besitzt, kann sich auf einen Wahlvorschlag setzen lassen oder auch als Einzelperson antreten. Dann muss er allerdings 30 Unterschriften von Unterstützern vorlegen.

Eine knappe Stunde später kamen dann die eingeladenen Ratsmitglieder zu Wort. Außer den Hildesheimer Vertretern Ulrich Räbiger (Grüne), Rita Rühmes (Bündnis!), Bernhardine Schröer-Suray (SPD), Anton Göke (CDU) und Christiane Szczes (FDP) waren auch Mehmet Tugcu aus Göttingen und Alptekin Kirci aus Hannover angereist: Migranten, die in der Stadtpolitik erfolgreich mitmischen. Die Politiker schlugen untereinander einen freundschaftlichen Ton an. Parteipolitische Unterschiede blieben draußen.

Moderator Hartwig Kemmerer brachte mit seinen Fragen Probleme zur Sprache,. Die Antworten zeigten ein gewisses Hinund Her-Gerissensein der Ratsmitglieder: Sie alle wollten Neueinsteigern Mut machen, ohne jedoch ein zu rosarotes Bild zu malen. Mehr Migranten, mehr junge Leute und eine bessere Mischung der Berufe würden im Rat dringend gebraucht, und jede Partei sei über Zuwachs froh, hieß es. Bei anfänglichen Unsicherheiten helfe die Fraktion: "Sie sind im Rat Teamspieler." Zu Sach- oder Rechtsfragen gebe es Fortbildungen oder Hilfe durch die Mitarbeiter der Verwaltung.

Andererseits bedeute die Ratsarbeit hohen Zeitaufwand. Zu den Ratssitzungen kämen Fraktionssitzungen, Ausschüsse, Lenkungsgruppen sowie die eigene Vorbereitung. Dies könne Familie und Beruf belasten und erfordere viel Eigeninitiative. Wer etwas verändern wolle, müsse sich an Kompromisse und kleine Schritte gewöhnen. Für Frauen sei es trotz Quotenregelungen noch immer schwieriger, sich in der Politik durchzusetzen, sagte Rita Rühmes. Gerade deshalb forderten Bernhardine Schröer-Suray und Christiane Szczes besonders Frauen zur Mitarbeit auf: "Machen Sie sich auf den Weg. Scheuen Sie sich nicht."

Er habe jahrelang im Integrationsrat Göttingens gearbeitet, berichtete Mehmet Tugcu. Doch dann habe er erkannt, um wirklich etwas zu erreichen, müsse er im Rat der Stadt vertreten sein: "Wir brauchen mehr Akteure und Multiplikatoren, um politische Teilhabe zu erreichen." Emin Tuncay vom türkischen Kulturverein ergänzte aus dem Publikum, für die junge Generation der Migranten seien positive Vorbilder ungeheuer wichtig. Er regte eine Quotenregelung an, die ja auch Frauen zu mehr Teilhabe verholfen habe. Ratsvorsitzender Anton Göke meinte dagegen, sinnvoller sei gute Vorarbeit in den Vereinen, Verbänden und Kirchengemeinden. Wer sich dort engagiere, wachse selbstverständlich in die politische Arbeit hinein: "Sie haben die Chance. Sie werden geradezu erwartet."

Bei Nilgün Yenigün zumindest fiel der Appell auf fruchtbaren Boden. Sie ist entschlossen, den Weg zu einer Kandidatur einzuschlagen. Seit 41 Jahren lebt sie in Hildesheim. Migranten sollten von sich aus mehr auf die deutschen Bürger zugehen, findet sie. Und sie wolle ihnen zeigen: "Unsere Kinder können etwas erreichen."

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