Soziales Kaufhaus als Beispiel für Berlin

Die Bundestagsabgeordnete Brigitte Pothmer (Die Grünen) hat das Soziale Kaufhaus in der Holztorstraße besucht. Im Gespräch mit Labora-Geschäftsführer Reiner Kaste und Egbert Schülke von der Sarstedter Kolpingsfamilie sowie Filialleiterin Ilona Dubiel und weiteren ehrenamtlichen Helfern im Kaufhaus zeigte sich Pothmer sehr interessiert am Konzept und der Personalstruktur des Sarstedter Kaufhauses.

05.05.11 –

Brigitte Pothmer lobt Einrichtung als Ort der Begegnung und übt scharfe Kritik an Arbeitsmarktpolitik von Ursula von der Leyen

(Hildesheimer Allg. Zeitung, 05.05.11) Sarstedt. Die Bundestagsabgeordnete Brigitte Pothmer (Die Grünen) hat das Soziale Kaufhaus in der Holztorstraße besucht. Im Gespräch mit Labora-Geschäftsführer Reiner Kaste und Egbert Schülke von der Sarstedter Kolpingsfamilie sowie Filialleiterin Ilona Dubiel und weiteren ehrenamtlichen Helfern im Kaufhaus zeigte sich Pothmer sehr interessiert am Konzept und der Personalstruktur des Sarstedter Kaufhauses. Zum Beispiel, dass Hausrat was die Stückzahl angehe am meisten verkauft werde, dass Fahrräder sehr begehrt seien und moderne Möbel selten länger als einen Tag im Kaufhaus stehen. Ebenfalls erfuhr die Abgeordnete, dass sich in Sachen Bücher ein regelrechter Tauschmarkt entwickelt habe. Ihre Gastgeber berichteten zudem, dass derzeit zwei Angestellte im Verkauf und vier weitere im Lager tätig sind, drei Ein-Euro-Jobber bilden neben vielen Ehrenamtlichen das Grundgerüst des im Kaufhaus integrierten Kleiderladens der Kolpingsfamilie. Ein Problem seien jedoch die ständig sinken Entgelte für diese vom Arbeitsamt geförderten Stellen, berichtete Reiner Kaste. Dem konnte die Abgeordnete nur zustimmen. Als arbeitsmarktpolitische Sprecherin ihrer Fraktion im Bundestag hielt sie auch mit deutlicher Kritik an Arbeitsministerin Ursula von der Leyen nicht hinterm Berg. Die Arbeitsmarkt- Politik müsse nun zeigen, was sie leisten könne. "Es gibt überall Fachkräftemangel und gleichzeitig eine hohe Arbeitslosigkeit. Deutlicher kann das Versagen der Politik nicht sein", sagte Pothmer. Vor allem für Langzeitarbeitslose habe sich nichts bewegt. Das Problem sei, dass diese Gruppe von Arbeitslosen längst nicht mehr die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit habe, wie noch zu der Zeit der Wirtschaftskrise, als sozusagen jeder von Arbeitslosigkeit bedroht war. "Die Politik hängt die Langzeitarbeitslosen ab", sagte Pothmer. Deshalb schätze sie auch die Sozialen Kaufhäuser als Ort der Kommunikation. Es habe einen kulturellen Wandel gegeben, da sich hier nun Menschen aus allen sozialen Schichten treffen. "Früher waren solche Einrichtungen immer in verschämten Ecken oder am Rande von Industriegebieten angesiedelt, heute sind sie mitten in der Stadt. Das ist eine unglaubliche Verbesserung."

Allerdings werde im Moment der sogenannte Instrumentenkasten, das sind alle Maßnahmen, mit denen Arbeitsvermittler Arbeitslose wieder in eine regelmäßige Anstellung bringen sollen, reformiert. Sie sei jedoch skeptisch, ob das die erhoffte zusätzliche Flexibilität bringe. Dass mehr Flexibilität nötig ist, betonte auch Reiner Kaste. Der Bund steuere immer mehr. Es gelte jedoch, Arbeitslose vor Ort individuell zu betreuen. Arbeitsministerin von der Leyen habe die Gruppe der Langzeitarbeitslosen aber offenbar schon aufgegeben, sagte Pothmer. Deshalb seien die Wohlfahrtsverbände und die Wirtschaft gefragt, gemeinsam mit der Politik Lösungen zu finden.

Dass Langzeitarbeitslose nicht arbeiten wollen würden, stimme nach seiner Erfahrung auch nicht, berichtete Egbert Schülke. Die neuen Kräfte, die seit Anfang des Jahres im Sozialen Kaufhaus tätig seien, identifizierten sich mit ihrer Aufgabe und machten Vorschläge, wie man die Organisation der Abläufe noch verbessern könnte. Viele der Ein-Euro- Jobber im Kleiderladen seien am Ende der Maßnahme traurig, nun gehen zu müssen. Einige kämen deshalb als ehrenamtliche Helfer wieder, um sich den geordneten Tagesablauf und das Gefühl, gebraucht zu werden, zu erhalten.

Die Eindrücke und Informationen aus Sarstedt will Brigitte Pothmer mit nach Berlin nehmen. Es sei wichtig, dort von konkreten Beispielen zu berichten. Der derzeitige Sparkurs der Arbeitsmarkt- Politik zerstöre viele lebenswichtige Projekte. "Wenn die Besserverdienenden keine Ahnung mehr haben, wie es anderen geht, fehlt ihnen die Bereitschaft zu teilen." Ihr zentrales Thema sei die Spaltung der Gesellschaft. "Die unterschiedlichen sozialen Schichten begegnen sich kaum noch", sagte Pothmer. Deshalb seien Projekte wie das Soziale Kaufhaus so wichtig.

Brigitte Pothmer brachte übrigens auch selbst einige Spenden für den Verkauf mit. Nun warten eine Kette, ein Kosmetik- Koffer sowie ein Glasgefäß für Senf oder Marmelade auf einen neuen Besitzer.

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