Spardebatte: Lenkungsausschuss bringt Kürzungen und Mehreinnahmen von 39 Millionen Euro auf den Weg

15.06.11 –

(Hildesheimer Allg. Zeitung, 15.06.11) Hildesheim. Die Stadt hat die finanzielle Kehrtwende eingeleitet: Die Spitzen der Ratsfraktionen und der Verwaltung haben sich grundsätzlich auf ein 39 Millionen Euro schweres Sparpaket verständigt, um in den Genuss einer Schuldenübernahme durch das Land zu kommen. Wie genau das Geld zusammengebracht werden soll, darüber beraten ab sofort die Ausschüsse. Zu diesem Kurs gebe es keine Alternative, betonten Vertreter der Verwaltung und aller Fraktionen gestern. Den Vorwurf aus Teilen der Bevölkerung, die Stadt lasse sich vom Land erpressen, wies SPD-Finanzexperte Detlef Hansen zurück: "Das ist keine Erpressung – wir nutzen eine Chance."

Die besteht darin, auf einen Schlag 140 Millionen der 300 Millionen Euro Schulden loszuwerden. Dafür muss es die Stadt aber 2013 erstmals seit einem Vierteljahrhundert schaffen, nicht mehr Geld auszugeben als sie einnimmt – erst dann winkt der "Zukunftsvertrag" mit dem Land. Der ist nun ein Stück näher gerückt: Am Pfingstmontag hat der Lenkungsausschuss von Rat und Verwaltung in seiner neunten Sitzung das Streichkonzert grundsätzlich abgesegnet – hinter verschlossenen Türen, ganz wie es mit dem Innenministerium abgemacht war, betonte Oberbürgermeister Kurt Machens. "Jetzt stellen wir die Öffentlichkeit her, wie das auch zurecht eingefordert wird."

Dass sich dort bereits starker Protest regt, ist den Ausschussmitgliedern nicht verborgen geblieben. Doch dem müssten die Politiker standhalten, fordert Hubertus Haller. Der frühere Kreissparkassen- Chef hatte die Treffen des Lenkungsausschusses moderiert und kassierte dafür gestern viel Lob. Doch der ehemalige Banker zeigte sich auch von den Ausschussmitgliedern angenehm überrascht: "Die Ernsthaftigkeit und der Wille, erfolgreich zu sein, haben mich beeindruckt." Nun gelte es, in den politischen Debatten auf Linie zu bleiben. Denn jeder, der Geld verlieren soll, könne gute Argumente vorbringen, warnte Haller. "Aber man darf nicht die einzelnen Interessenslagen sehen, sondern muss das Ziel im Auge behalten – sonst scheitert der gesamte Prozess." Ganz so, wie der amerikanische Präsident Kennedy einst auf die Mond-Landung hingearbeitet habe. Doch so weit hätte Haller vermutlich gar nicht ausholen müssen: Die Vertreter aller Fraktionen gelobten, stramm Kurs zu halten. "Vielleicht kommt es noch zu Verschiebungen einzelner Positionen – aber am Ergebnis wird nichts verändert", versprach SPD-Chef Hartmut Häger. Ähnlich äußerten sich Bündnis!- Chef Thomas Müller ("Wir wollen dieses Geld!") und FDP-Ratsherr Michael Kriegel: "Die 39 Millionen stehen absolut fest, nun geht es nur noch darum, an den Nuancen zu feilen." Das könnte in manchen Punkten durchaus intensiver ausfallen, deutete Grünen-Chef Ulrich Räbiger an. So kann sich seine Fraktion nicht mit Kürzungen für die Prävention bei Jugendlichen anfreunden. Zudem vermisst Räbiger die Info-Veranstaltungen für Bürger, die nach jedem Zwischenschritt vorgesehen waren. Immerhin bleibe mit der Verschiebung der entscheidenden Sitzung des Rates auf den 4. Juli eine Woche länger Zeit, die Einwohner mitzunehmen: "Der Schock muss sich erst legen." Auch Finanzausschussvorsitzender Frank Wodsack (CDU) ließ sich nicht komplett von der allgemeinen Freude übermannen und erinnerte: "Wir hätten diesen Prozess zehn Jahre eher beginnen müssen." Nun bleibt der Stadt aus Sicht des Rathauses gar keine andere Wahl mehr. Handelten Rat und Verwaltung nicht selbst, könnten sie das demnächst nicht mehr, mahnte OB Machens. "Wir erkaufen uns unsere Zukunftsfähigkeit mit dem Vertrag." Dessen konkrete Inhalte wie Göttingen aufs nächste Jahre zu verschieben, komme nicht in Frage: "Da wird dem Rat abverlangt, ins Blaue hinein einen Vertrag zu schließen – da gehen wir hier einen erfolgreicheren Weg."

Eine große Unbekannte bleibt indes auch beim Hildesheimer Zukunftsvertrag. So hat sich die Stadt nach wie vor nicht mit dem Kreis über die Finanzbeziehungen geeinigt. Die Vereinbarung soll allein 16 Millionen der 39 Millionen Euro einbringen. Doch Kuhne zeigte sich optimistisch: Die Stadt habe dem Kreis ein Angebot gemacht, das bei ihr zu wesentlichen Verbesserungen führe, diesen finanziell aber nicht überfordere.

Der Lenkungsausschuss:

Für die Verwaltung:
Oberbürgermeister Kurt Machens, Kämmerin Antje Kuhne, Schul- und Sozialdezernent Dirk Schröder, Bau-Dezernent Dr. Kay Brummer.

Für die CDU
: Frank Wodsack (stellvertretend Dr. Ulrich Kumme), SPD-Gruppe: Detlev Hansen (Hartmut Häger), Bündnis!: Thomas Müller (Erdinc Parlak), Grüne: Volker Spieth (Ulrich Räbiger), FDP: Michael Kriegel (Martin Gottschlich).

Die Moderation lag in den Händen von Dr. Hubertus Haller.

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